Rechtsquellen für Waffenbesitzer in Österreich
Alles, was Recht ist, solltest du bei Gelegenheit nachprüfen. Halbwahrheiten und Rechtslegenden haben im Umgang mit Schusswaffen nichts zu suchen. Erste Anlaufstelle für die selbstständige Überprüfung juristischer Behauptungen ist das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS)↗. Dort findest du tagesaktuelle Gesetze und Verordnungstexte. Diesmal geht es um die verschiedenen Rechtsquellen an sich: Du sollst wissen, wo genau du nachschauen musst, wenn du eine ganz konkrete Information benötigst.
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Primäre Rechtsquellen für Waffenbesitzer
Widmen wir uns zunächst den wichtigsten Informationsquellen für private Waffenbesitzer in Österreich. Ganz egal, ob du Waffensammler, Sportschütze, Jäger, Dienstwaffenträger im privaten Sicherheitsdienst oder erbanspruchsberechtigt bist: Bei grundlegenden rechtlichen Fragen wirfst du am besten zuerst einen Blick in das Waffengesetz deines Heimatlandes. Und wenn dir die Antwort dort nicht genügt, in seine dazugehörige Verordnung. In Österreich beschränkt sich dieses „Basis-Paket“ auf 3 Rechtsquellen:
Waffengesetz
1996
Das WaffG regelt den zivilen Umgang mit Waffen ganz allgemein. Jeden Waffenbesitzer betreffen dieselben grundlegenden Bestimmungen über Erwerb und Besitz, das Überlassen, die sichere Verwahrung, die Kategorisierung, die Registrierung und evtl. die Mitnahme in andere EU-Mitgliedsstaaten. Findest du die Antwort auf deine Frage hier nicht, ist sie höchstwahrscheinlich in den Verordnungen oder in sekundären Rechtsquellen zu finden.
1. WaffG-Durchführungsverordnung
Die 1. WaffG-Durchführungsverordnung geht im Detail auf die zugelassenen psychologischen Begutachtungsstellen und den Ablauf des Gutachtens ein, das du für die Beantragung von ⇨ Waffenbesitzkarte oder Waffenpass in Österreich standardmäßig benötigst. Zudem findest du darin Bestimmungen über verbotene Munitionsarten und über Dienstwaffen für bestimmte Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder.
2. WaffG-Durchführungsverordnung
In der 2. WaffG-Durchführungsverordnung werden die sichere Verwahrung von Waffen und Munition und die behördliche Überprüfung deiner waffenrechtlichen Verlässlichkeit konkretisiert. Pflichten bestimmter Gewerbetreibender sind ebenfalls enthalten; in den Anhängen findest du Muster all jener Dokumente, für die in Österreich eine Formvorschrift besteht. Der Waffenführerschein zählt beispielsweise nicht dazu.
Das Basis-Paket der österreichischen Rechtsquellen
Die grundlegenden Bestimmungen über den zivilen Umgang mit Waffen im WaffG entstammen der EU-Feuerwaffenrichtlinie und der EU-Feuerwaffenverordnung. Diese beiden Rechtsquellen sind der nationalen Gesetzgebung aller EU-Mitgliedsstaaten übergeordnet: Das, was mit dem österreichischen WaffG in Österreich oder dem deutschen WaffG in Deutschland geregelt wird, ist im Speziellen der EU-Feuerwaffenrichtlinie zu entnehmen. Da jeder Mitgliedsstaat eine gewisse Entscheidungsfreiheit genießt, wie er diese Richtlinie umsetzt, gleicht dennoch kein Waffengesetz innerhalb der EU dem anderen.
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Sekundäre Rechtsquellen
Über dieses Basis-Paket an Gesetz und Verordnung hinaus gibt es weitere Bestimmungen, die dich im Wesentlichen erst betreffen, wenn du als österreichischer Waffenbesitzer ganz bestimmte Kriterien aus dem WaffG erfüllst: Beispielsweise, wenn du eine Ausnahmebewilligung erteilt bekommen hast oder dich gewerblich oder anderweitig beruflich mit Waffen und Munition zu tun hast. Kurzum: wenn deine persönlichen waffenbezogenen Berechtigungen in irgendeiner Form speziell sind und das übliche Ausmaß des privaten Waffenbesitzes überschreiten – was über die Jahre hinweg durchaus wahrscheinlich ist. Trotzdem kann ein Blick in diese Rechtsquellen auch vorab nicht schaden, um zumindest einen Überblick zu bekommen.
Kriegsmaterialgesetz
Das Kriegsmaterialgesetz behandelt am Rande den generellen Umgang mit Kriegsmaterial. Dem KMG entnimmst du Bestimmungen rund um die Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie die Verbringung von Kriegsmaterial über Staatsgrenzen; einschließlich der dafür erforderlichen Bewilligungen und Ausnahmen von dieser Bewilligungspflicht. Für die interessanteren Informationen musst du allerdings einen Blick in die dazugehörige Verordnung werfen; sie betrifft dich eher.
Kriegsmaterialverordnung
Sie besteht aus einer konkreten Liste von Gegenständen und Waffen, die als Kriegsmaterial gelten, und damit unter das KMG fallen; nicht unter das WaffG. Besonders relevant für dich als Privatwaffenbesitzer ist der oberste Abschnitt: § 1 Z 1 lit. a bis d↗. Hier sind ein paar Schusswaffen und Kaliber angeführt, die im jagdlichen oder sportlichen Gebrauch eigentlich durchaus gängig und üblich sind. Nur 3 Buchstaben entscheiden, ob deine Schusswaffe in ihrem Kaliber nun Kriegsmaterial ist oder noch unter das WaffG fällt: C. I. P.
Beschussgesetz
Das Beschussgesetz regelt unter anderem grob die Erprobung (ugs. „Beschusstest“) von Handfeuerwaffen und Patronen. Eine Schusswaffe, die dieser Erprobung nicht unterzogen wurde oder sie nicht bestanden hat, darf in Österreich nicht in Verkehr gebracht werden. Grundlegend bestimmt das BeschG, welche Waffen und Patronen dieser Erprobung zu unterziehen sind, wer diese durchführt und auch, welche Befugnisse die Beschussämter im Zuge dieser Erprobungen haben. (zB den Ausschluss bestimmter Handfeuerwaffen aus Sicherheitsgründen)
Beschussverordnung
Die Beschussverordnung legt im Detail fest, welche Kriterien erprobte Handfeuerwaffen (nicht Patronen) erfüllen müssen und wie sie nach ihrem Beschusstest zu kennzeichnen sind (Beschusszeichen). Auch der Ablauf von Funktionstest, Prüfung, Kennzeichnung und den Abmessungskontrollen ist genau vorgegeben. Die Verordnung unterscheidet dabei zwischen Handfeuerwaffen für Munition mit rauchlosem Pulver, Schwarzpulverwaffen und Böllern, die jeweils eigenen Kriterien unterliegen, sowie zwischen Einzel- und Typenprüfungen.
Patronenprüfordnung
Die Patronenprüfordnung behandelt nun den konkreten Ablauf von Beschusstests und Beschussprüfungen von Munition für Handfeuerwaffen. Sie legt unterschiedliche Arten der Patronenprüfung fest und nennt technische Spezifikationen, denen die geprüfte Patrone entsprechen muss, beispielsweise Gasdruck, Mündungsimpuls und Geschossenergie. Auch verschiedene Abmessungen und Messmethoden sind festgehalten. Setzt du dich intensiv mit dem Wiederladen auseinander, ist die Patronenprüfordnung für dich ein äußerst wichtiger Anker: Nicht alles, was in deiner Waffe (noch) funktioniert, ist auch rechtlich zulässig.
Prüfzeichenverordnung
In dieser Verordnung findest du die Beschussprüfzeichen, Stempel und Symbole, die nach erfolgreichen Erprobungen und Überprüfungen von den österreichischen Beschussämtern (Wien & Ferlach) vergeben werden. Auch die in Österreich anerkannten Beschusszeichen aus anderen Staaten unterliegen per Verordnung einer Formvorschrift. Auf deiner Waffe bzw. Munition treten bestimmte Stempel und Symbole mitunter in Kombination auf. Auf das Beschusszeichen deiner Waffe solltest du ein Auge haben: Händler verkaufen mitunter Waffen ohne Beschuss als Sammlerexemplar, wogegen auch nichts spricht. Das Schießen ohne gültigen Beschuss ist aber nicht erlaubt.
Schusswaffen-Kennzeichnungsgesetz
Das SchKG geht Hand in Hand mit BeschG und BeschV. Sollen Handfeuerwaffen im Bundesgebiet in Verkehr gebracht werden, müssen sie bestimmte Kennzeichnungen aufweisen. Das SchKG sagt, welche – und wo sie angebracht sein müssen.
Schusswaffen-Kennzeichnungsverordnung
Die zum SchKG gehörige Verordnung bestimmt, welche Schriftarten und Stempelverfahren für die Schusswaffen-Kennzeichnung zum Einsatz kommen, wie groß die Schrift sein muss und welches Alphabet bzw. Zahlensystem zur Anwendung kommen darf.
Rechtsquellen rund um bauliche Aspekte der Waffen- & Munitionstechnik
Themen wie Beschuss und Schusswaffen-Kennzeichnung sind vor allem für Waffensammler oder für Erben historischer Exemplare von Bedeutung. Dennoch sollte sich jeder Waffenbesitzer zumindest mit jenen Stempeln und Zeichen auseinandersetzen, die sich auf seinen eigenen Waffen befinden. Insbes. für die Eruierung, ob denn eine bestimmte Waffe eine Jagd- oder Sportwaffe ist oder ob der Beschuss überhaupt noch gültig ist, ist dieses Wissen hilfreich; denn weder für Jagd- noch für Sportwaffen gibt es im österreichischen Waffenrecht eine eindeutige Definition. Auch für Jagd- und Sportmunition nicht.
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Weitere Rechtsquellen
Früher oder später wirst du dich vermutlich nicht mehr mit dem Schießen allein beschäftigen, sondern auch mit anderen fachbezogenen Themen. Möchtest du beispielsweise mit dem Wiederladen beginnen, kann es nicht schaden, sich ein Grundwissen rund um Zündsätze und Treibmittel im Pyrotechnik- oder Sprengmittelgesetz anzueignen. Beantragst du Ausnahmebewilligungen für Kriegsmaterial, kommt die Kriegsmaterial-Deaktivierungsverordnung hinzu.
Pyrotechnikgesetz
Das PyroTG regelt den Besitz, die Verwendung und Überlassung, das Inverkehrbringen sowie die Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände und Sätze und das Böllerschießen. Ebenfalls behandelt werden sowohl die Kennzeichnung als auch die Vornahme der Kategorisierung von Feuerwerkskörpern, pyrotechnischen Gegenständen und Sätzen. Zudem findest du im PyroTG Bestimmungen darüber, wer Ausbildungen in diesem Bereich abhalten und wer an solchen teilnehmen darf.
Sprengmittelgesetz
Treibladung, Zündsatz oder Schießmittel sind Begriffe aus dem Sprengstoffrecht und im SprengG definiert, kommen aber auch im Umgang mit Waffen und Munition immer wieder vor. Im SprengG sind die Bestimmungen rund um die Herstellung, Bereitstellung, Verarbeitung, Verbringung, die Ein- und Durchfuhr, das Inverkehrbringen, der Handel, der Erwerb und Besitz, das Lagern, Überlassen, Entsorgen und das Vernichten von Schieß- und Sprengmitteln vorgegeben.
Jagdgesetz
In den 9 Landesjagdgesetzen finden sich die Regelungen rund um die Ausübung der Jagd und die Verwaltung von Eigen- und Genossenschaftsjagden. Sie beinhalten Schonvorschriften und Vorschriften für die Führung von Jagdbetrieben. Außerdem gibt es Bestimmungen über Wildschäden und jagdliche Verbote sowie einzelne Strafbestimmungen im Falle von Verstößen, etwa gegen das Tierschutzgesetz. Einzelne Bestimmungen unterscheiden sich in den Bundesländern.
Strafgesetzbuch
Das StGB nennt sämtliche per Gesetz verbotene Handlungen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen und die jeweils vorgesehenen Geld- oder Freiheitsstrafen. Von besonderer Relevanz ist, dass sich eine Strafe für eine Tat, die schon im WaffG als gerichtlich strafbar angeführt ist, dem StGB zufolge um die Hälfte ihres Ausmaßes erhöhen kann. Auch definiert das StGB den Begriff der Waffe anders, als das WaffG: Nach dem StGB ist alles eine Waffe, das als solche verwendet werden kann.
Straßenverkehrsordnung
Die Straßenverkehrsordnung ist insbes. wegen der Häufigkeit von Verwaltungsübertretungen nicht zu unterschätzen. Wirst du öfter als zweimal wegen einer im Zustand der Trunkenheit begangenen schwerwiegenden Verwaltungsübertretung (egal welcher Art) bestraft und sind die Strafen nicht getilgt, bist du waffenrechtlich nicht zuverlässig. Verwaltungsübertretungen gibt es aber auch in anderen Gesetzen, etwa in den Jagdgesetzen, im PyroTG und im WaffG selbst.
Deaktivierungsverordnung
Die Deaktivierungsverordnung gibt es in Österreich zweifach: eine für die Deaktivierung von Kriegsmaterial und eine für die Deaktivierung von Schusswaffen, die zwar unter das WaffG, aber nicht unter das KMG fallen. Sie legen fest, welche Eigenschaften die Gegenstände jeweils nach einer Bearbeitung aufweisen müssen, um rechtlich als deaktiviert zu gelten. Das Kriegsmaterial betreffend, sind in der Anlage 1 genaue technische Maßnahmen gelistet.
Softair-Verordnung
Softair-Waffen sind zwar keine Waffen nach dem WaffG, aber auch kein Spielzeug im Sinne der Spielzeugverordnung. Sie unterliegen ihrer eigenen Softair-Verordnung, die wiederum besagt, dass sie, obwohl sie keine Waffen sind, erst ab 18 Jahren erworben und besessen werden dürfen. Auch Paintball-Markierer fallen in diese Verordnung. Solltest du Paintball-Markierer oder Softair-Waffen erwerben wollen, wirf einen Blick hinein; diese Verordnung besteht aus nur 3 Paragrafen.
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Übereinkommen als Rechtsquellen
Übereinkommen sind zwischenstaatliche Vereinbarungen, bei denen jeder Staat für sich entscheidet, ob er Vertragspartei sein möchte. Falls ja, hat er sich an die Regeln des Übereinkommens zu halten. Ein paar der bekanntesten Übereinkommen bzw. Abkommen sind Schengen, die Genfer Konventionen, der Vertrag von Maastricht (die ursp. Fassung des Vertrages über die Europäische Union) oder das Klimaabkommen. Einige davon haben auch auf den Waffenbesitzer unmittelbar Einfluss.
Schengen
Das Schengener Abkommen ist ein internationales Übereinkommen über die Abschaffung stationärer Grenzkontrollen, insbes. an den Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten. Auf dich als Waffenbesitzer wirkt es sich unmittelbar aus, wenn du innerhalb des Schengenraumes, aber außerhalb deines Heimatlandes Jagdreisen antrittst oder an Schießwettkämpfen teilnimmst und deine eigenen Waffen mitnehmen möchtest. Schengenstaaten sind in vielerlei Hinsicht den EU-Mitgliedsstaaten gleichgestellt; aber nicht jeder Schengenstaat ist auch EU-Mitgliedsstaat.
C. I. P.
Staaten, die sich an das C. I. P.-Übereinkommen 1969 angeschlossen haben, haben entschieden, ihre nationalen amtlichen Beschusszeichen gegenseitig anzuerkennen. Das Beschusszeichen der Vertragsparteien besteht aus der Kombination der C. I. P.-Kennung inkl. Beschussart und dem individuellen Zeichen des Prüfamtes, welches ein österreichisches oder eben auch ein ausländisches sein kann. Die C. I. P.-Kennung ist zudem ausschlaggebend dafür, ob es sich bei einer bestimmten Waffe um eine zivile Sport-, Jagd- oder Verteidigungswaffe handelt oder um Kriegsmaterial.
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Wegweiser durch den Dschungel an Rechtsquellen
Diese kompakte Vorstellung von Gesetzen, Verordnungen und Übereinkommen ist bei Weitem nicht vollständig. Aber sie gibt dir eine Struktur. Erste Anlaufstelle bei Fragen rund um den Waffenbesitz sollte für dich immer dein national gültiges Waffengesetz und dessen Verordnungen sein. Bei spezifischeren Themen halte Ausschau nach weiteren Gesetzen mit Bezug zu deinem Thema und behalte deine persönlichen Lebensumstände im Hinterkopf. In jedem Gesetz gibt es Ausnahmebestimmungen und Sonderregelungen für bestimmte Situationen, Personen oder Gegenstände. Was du darfst, darf nicht auch jeder andere.
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