Jagdwaffen, Sportwaffen & die CIP
Wir benutzen sie nicht nur umgangssprachlich – auch in diversen Rechtsquellen kommen bestimmte Begriffe immer wieder vor. So existieren im österreichischen Waffenrecht neben „Waffe“ und „Schusswaffe“ etwa die Begriffe Jagdwaffe, Sportwaffe, Jagdmunition und Sportmunition, es fehlt jedoch eine eindeutige Begriffsdefinition. Aber es gibt einen Weg, der Dich zumindest ansatzweise erahnen lässt, ob Deine Schusswaffe eine Jagd- oder eine Sportwaffe ist. Oder die Munition eine Jagd- oder eine Sportmunition. Dafür musst Du als Waffenbesitzer selbst kreativ werden. Und wissen, wo(nach) Du suchen musst. Ganz konkret nämlich nach drei Buchstaben: CIP.
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Der berühmte C. I. P. – Stempel
Zäumen wir das Pferd von hinten auf. Anstatt nach einer Definition zu suchen, die es nicht gibt, widmen wir uns einer kleinen, aber sehr bedeutsamen Gemeinsamkeit von zivil zugelassenen Schusswaffen und Gebrauchsmunition: dem CIP-Stempel. Als ziviler bzw. privater Legalwaffenbesitzer findest Du das Kürzel (idealerweise) mehrfach auf Deiner Waffe. Auch auf der kleinsten Verpackungseinheit Deiner Munition ist es vorhanden und jeweils von unterschiedlichen Buchstaben begleitet: CIP M auf der Munitionspackung, CIP N auf der Waffe.

Warum brauchen wir dieses CIP-Kürzel?
Waffenbezogen steht C. I. P. für Commission Internationale Permanente pour l’Epreuve des Armes à Feu Portatives. Zu Deutsch: die „Ständige Internationale Kommission für die Prüfung von Handfeuerwaffen“. Diese internationale Prüfungs- und Normungskommission stellt die Regeln für den Beschuss (Erprobung der Sicherheit und Funktionssicherheit) von Handfeuerwaffen und Munition auf.
Der § 1 (1) BeschG (Österreich) besagt, dass bei diesen Erprobungen auf die Beschlüsse der CIP Bedacht zu nehmen ist. Der entsprechende Stempel auf Waffen und/oder Munitionspackungen bedeutet, dass diese Waffen bzw. Munition den CIP-Reglements entsprechen.
Dies wiederum vereinfacht die Harmonisierung im europäischen Raum weitgehend. EU-Mitgliedsstaaten, die hinsichtlich der Erprobung ihrer Waffen und Munition den CIP-Regeln folgen, erkennen umgekehrt die gelisteten Prüfzeichen anderer EU-Mitgliedsstaaten an, deren Waffen ebenfalls „gecipt“ sind. Sie haben denselben Prüfprozess durchlaufen.
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Erprobung von Handfeuerwaffen & Munition
Im bereits erwähnten C. I. P. – Übereinkommen sowie in der Geschäftsordnung der CIP und ihren Beschlüssen ist die Pflicht zur Erprobung aller Handfeuerwaffen und deren wesentlicher Teile nach jeweils gesetzlichen Vorschriften des Mitgliedsstaates festgehalten. Standardmäßig sind sie im Beschussamt des CIP-Mitgliedstaates des Herstellers (nicht des Händlers) vorzunehmen. Die Erprobung einer aus einem Drittstaat importierten Waffe erfolgt im Beschussamt jenes CIP-Mitgliedstaates, in den der erste Import erfolgt. Für Gebrauchsmunition gilt dasselbe.
Das Übereinkommen von 1969 legt außerdem fest, welche Aufgaben die C. I. P. hat. Zu diesen gehört ausdrücklich die Auswahl der Eichapparate zur Messung des Beschussdrucks und die Auswahl der von den amtlichen Dienststellen anzuwendenden Messverfahren. Ihr Ziel ist die Feststellung des Gasdrucks, den Normal- und Beschusspatronen entwickeln; und das auf genaueste und zugleich praktikabelste Weise. Die CIP bestimmt also, wie und womit unsere Beschussämter die Erprobungen der Handfeuerwaffen durchzuführen haben.
Was prüft die C. I. P. – und was nicht?
Diese soeben beschriebene Auswahl der Geräte und Maßnahmen bezieht sich nur (Auszug aus dem Art. 1 des Übereinkommens über die gegenseitige Anerkennung von Beschusszeichen für Handfeuerwaffen) auf die Erprobung von
- Jagd-, Schuss- & Verteidigungswaffen, die nicht für Land-, See- und Luftkriege bestimmt sind und
- allen anderen im vorigen Punkt nicht genannten, industriellen oder beruflichen Zwecken dienenden Handgeräten, Waffen oder Apparaten, die zur Fortbewegung eines Geschosses oder anderen mechanischen Stückes eine Ladung aus explosiver Substanz verwenden, und deren Beschuss von der C. I. P. als notwendig anerkannt wird.
Auch Schreckschusswaffen haben eine CIP-Kennzeichnung.

Was bedeutet das für Dich als Waffenbesitzer?
Die festgelegten Maßnahmen, die im Zuge dieser Erprobung umzusetzen sind, beziehen sich also zunächst nur auf Jagd-, Schuss- und Verteidigungswaffen, die nicht Land-, Luft- oder Seekriegswaffen sind und andere Waffen, die industriellen oder beruflichen Zwecken dienen, trotzdem dürfen die Geräte und Verfahren aber auch an Land-, Luft- und Seekriegswaffen angewandt werden. Im Allgemeinen sind nach österreichischem Gesetz Schusswaffen, die von Streitkräften verwendet, von der Verpflichtung zur Erprobung ausgenommen, berechtigt, eine solche durchführen zu lassen ist man aber dennoch. Aus baulich-technischer Sicht ist die Wahrscheinlichkeit aber eher als gering anzunehmen, dass eine von Streitkräften verwendete Land-, Luft- oder Seekriegswaffe die Anforderungen der CIP erfüllt, da die Landesverteidigung einzelner EU- und/oder CIP-Mitgliedsstaaten gänzlich andere Ansprüche an ihre Waffen und Geräte stellen, als ein ziviler Anwender an seine Jagd-, Sport- oder Verteidigungswaffe.
Jagdwaffe, Sportwaffe oder Verteidigungswaffe?
Damit bist Du nun in der Lage, zu eruieren und auch zu argumentieren, ob und warum es sich bei Deiner Schusswaffe mit höchster Wahrscheinlichkeit um eine Jagd- oder eine andere Schuss- oder Verteidigungswaffe (Sportwaffe) handelt. Hat die Schusswaffe einen Stempel, ist sie höchstwahrscheinlich (Ausnahmen bestätigen die Regel) keine Land-, Luft- oder Seekriegswaffe, sondern eine Jagdwaffe, eine Verteidigungswaffe oder eine anderen industriellen oder beruflichen Zwecken dienende Waffe. Die Sportwaffe findet hier zwar keine ausdrückliche Erwähnung, ließe sich aber einordnen als „andere industriellen Zwecken dienende Schusswaffe, deren Beschuss von der CIP als notwendig anerkannt wird“.
Fehlt der Stempel, ist die Waffe mit höherer Wahrscheinlichkeit als Streitkraftwaffe oder als Kriegsmaterial eingestuft und damit standardmäßig verboten, da die CIP keine Land-, Luft- und Seekriegswaffen normt, „alle anderen industriellen und beruflichen Zwecken dienende Waffen“ aber sehr wohl.
Bedenke bitte, dass mitunter aber auch bei zivil zugelassenen Schusswaffen durch Abnutzung das CIP- oder Beschusszeichen unkenntlich geworden sein kann. Erkundige Dich daher vorab, wo auf Deiner Schusswaffe die CIP-Kennzeichnung angebracht sein sollte. Findest Du sie dort nicht, empfehle ich die Begutachtung durch einen Büchsenmacher oder Waffenhändler, um zu eruieren, ob der vorhandene Beschuss noch gültig ist.
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Was Du aus der CIP-Kennung für Dich herauslesen kannst
- Die Einhaltung gesetzlich anerkannter und erforderlicher Sicherheitsstandards
- Die Kompatibilität der CIP-geprüften Gegenstände (die ausschließliche Verwendung von CIP-Munition in CIP-Waffen erhöht die Sicherheit beim Schusswaffengebrauch)
- Dass die Waffe höchstwahrscheinlich keine Land-, Luft- oder Seekriegswaffe ist
- Die folglich umso höhere Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine Jagd- oder Sportwaffe, und bei „gecipter“ Munition um Jagd- oder Sportmunition handelt
- Die Verkehrsfähigkeit in allen CIP-Mitgliedsstaaten, in denen die jeweilige Waffe oder die Munitionstype bzw. ein bestimmtes Kaliber nicht grundlegend verboten ist
- Die Einheitlichkeit der Verarbeitung und der Qualität in allen CIP-Mitgliedsstaaten: selber Prüfprozess, selbe Sicherheitskriterien, selbe Qualität
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